Am Wochenende hatte ich beim Nachtnarrensprung in Göppingen als Zunftmeister gleich mehrere schöne Begegnungen. Einerseits beim Zunftmeisterempfang und andererseits auch während dem Narrensprung.
Da diese Begegnungen bemerkenswert waren, dachte ich mir:
Das ist mal wieder einen Beitrag wert.
Beim Zunftmeisterempfang und kurz danach hatte ich mehrere Gespräche mit anderen Zunftmeistern und die drehten sich auch um das Thema
“Viele wisset heitzutag nemme wia ma richtig narra duet!“,
also zu hochdeutsch:
“Viele wissen heutzutage nicht mehr, wie man sich als Narr verhält!“.
Das “Narra” bezeichnet hierbei meiner Meinung nach, wie man sich im Häs verhält und was das Ziel ist. Ein Satz eines anderen Zunftmeisters ist mir dabei im Gedächtnis geblieben:
“Ich muss selbst langjährigen Mitgliedern inzwischen erklären, dass man das Publikum nicht mit Konfetti stopft oder das Gesicht komplett zumalt oder dass man Schuhbändel und Zeug immer zurück gibt oder dass das Häs keine Interpretationssache ist und so weiter und so fort!“.
Das möchte ich ergänzen um:
Ich vermisse vor allem auch bei Leuten, die schon lange Hästräger sind, dass viele vergessen haben, was z.B. “strählen” bedeutet. Dass man anstatt nur gemütlich den Umzugsweg abzulaufen zu den Leuten gehen soll. Freude verbreiten. Mit den Leuten schwätzen und Scherze machen oder auch mal mit jemand am Strassenrand tanzen oder mit Zuschauern a bissle zu jucken. Den Kindern nicht nur Guezle in die Hand drücken soll, sondern ein bisschen mit ihnen Quatsch machen und spielen soll. Im Grunde sollte man einfach genau den Satz
“Jedem zur Freud und niemand zum Leid!”
richtig umsetzen und damit auch der Fasnet wieder mehr das richtige Gefühl zu geben, welches früher vorherrschte.
Vor allem aber auch jedem Mitglied ins Gedächtnis zu rufen, was dieser Satz wirklich bedeutet und weshalb er für das Fortbestehen unserer schönen Fasnet so wichtig ist.
Wir springen Umzüge nicht für uns mit, sondern für die Besucher. Die Fasnet ist nicht nur Selbstzweck sondern durch die Fasnet wird die Welt immer ein bisschen besser, lustiger, fröhlicher und lässt die Menschen ihre Sorgen für eine kurze Zeit vergessen. Die Fasnet war schon immer etwas, was die Narren am Besten gemacht haben, die es für andere taten und nicht für sich selbst.
Das bringt mich zu der Begegnung, die ich während des Narrensprungs mit einer älteren Göppinger Dame hatte, die ich spontan ein bisschen einhakte und mit ihr tanzte und mich kurz mit ihr noch auf schwäbisch unterhielt. Die mir dann sagte, dass Sie das gerade sooo glücklich machte, weil sie früher selbst als Hex im Häs auf der Gass war und viele der neuen Hexenzünfte nur noch auf eine möglichst schreckliche Erscheinung setzen und “des gar nimmer so schee isch wie früher!“. Dabei sah ich, wie einfach es ist die Besucher glücklich zu machen und einen Narrensprung für sie mit einem positiven Gefühl zu verbinden, damit Sie wieder kommen. Nicht nur bei Kindern. Auch bei Erwachsenen.
Das war für mich einmal mehr die Bestätigung, dass es eine gute Sache ist, an die alten Werte der Fasnet zu erinnern und sie zu leben und dass es auch ein wichtiges Bestreben ist, in einer Zunft diese alten Werte zu verteidigen und zu leben.
Ich wünsche weiterhin eine glückselige Fasnet!